GRENZOPFER
(Chronologisch geordnet - aktuell sind hier 21 Fälle zwischen 1949 und 1979 aufgeführt)
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3. August 1949 - Der 25jährige VP-Oberwachtmeister Gerhard Hofert aus Fürstenberg/Havel kommt bei einer Fahndung im Grenzabschnitt (Grenzkommando Schlagbrügge) in ein Handgemenge mit dem Gesuchten. Dieser erschießt den Polizisten mit einer Pistole und wird unmittelbar durch zwei hinzukommende Grenzpolizisten festgenommen. Oberwachtmeister Hofert ist das erste Grenzopfer aus den Reihen der DGP/GT.
1. September 1949 - Der aus dem Urlaub in seinem Heimatort Steinigtwolmsdorf kommende 25 Jahre alte Wachtmeister Fritz Otto bekommt auf dem Weg zur Dienststelle aus der Grenzbevölkerung einen Hinweis, dass ein bekannter Schmuggler die Grenze aus der Tschechoslowakei in der Nähe des Ortsteils Sonneberg bei Neusalza-Spremberg überschritten hätte. Noch in Zivilbekleidung stellt der Wachtmeister den Grenzgänger und fordert ihn zum Mitkommen in das Grenzkommando auf. Der Schmuggler greift den unbewaffneten Poliziste mit einem Messer an und verletzt ihn an der Halsschlagader tödlich. Der Täter flüchtet wird aber später gefaßt und zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Leiche wird erst zwei Tage später gefunden.
Im Zeitraum 1949-1951 – soll im Grenzbereich Oberlochmühle (Nähe Deutschneudorf) ein DGP-Soldaten beim regulären Postendienst an der Grenzlinie durch bewaffnete Tschechen erschossen worden sein; ist einem Leser hierzu etwas mehr bekannt?
2. Juli 1950 - Nach Abschluss der Malerlehre in Güstrow meldet sich Siegfried Apportin (Jahrgang 1930) 1948 freiwillig zum Dienst bei der DGP. Der junge Grenzpolizist ist in Palingen (Nähe Herrnburg) stationiert. Am 2. Juli 1950 begibt sich Apportin das letzte Mal mit einem Dienstkameraden auf Grenzstreife. Ein Schuss des Kameraden trifft Apportin aus nächster Nähe; die Kugel durchschlägt die Halsschlagader und lässt das Opfer verbluten. In einer Veröffentlichung der Politischen Verwaltung der GT aus dem jahre 1983 wird der Schütze als „Verräter“ und „Handlanger des deutschen Imperialismus“ bezeichnet. So hätte dieser den Auftrag gehabt, Apportin zur Fahnenflucht zu überreden. Der Angesprochene sei jedoch standhaft geblieben. So hätte der Täter geschossen und sich in die BRD abgesetzt. Der Täter sei dort nie verurteilt worden. Gleichwohl berichten andere Quellen, dass der Täter – Leo Köpke -vor dem Lübecker Landgericht wegen vorsätzlicher Tötung 1951 angeklagt wurde und schließlich wegen fahrlässiger Tötung zu drei Monaten Gefängnis verurteilt wird.
31. Januar 1951 – Der zehnjährige Hary Krause geht wie schon häufig mit anderen Kindern auf den zugefrorenen Grenzgewässer „Goldensee“ bei Groß Thurow im Kreis Gadebusch zum Schlittschuhlaufen. Ein neu eingesetzter Grenzpolizist versieht in der Nähe seinen ersten Grenzdienst. Als der Polizist die Kinder entdeckt löst sich ein Schuss aus der Waffe des DGP-Angehörigen und Hary Krause wird am Herzen getroffen. Auf westdeutscher Seite versucht man den Jungen zu retten, doch er verstirbt. Der Vater holt zwei Tage später sein Kind auf einem Schlitten über den zugefrorenen See zurück. Die Beisetzung erfolgte auf dem Roggendorfer Friedhof.
18. und 24 April 1951 – Egon Roth dient als Grenzpolizist in der DGP-Grenzbereitschaft Eldena (Kreis Ludwigslust) und plant in der Nach vom 4. auf den 5. September 1950 mit weiteren DGP-Angehörigen mittels eines Fischerkahn vom Dorf Unbesandten über die Elbe in die BRD zu fliehen. Einer der Mitwisser verrät das Vorhaben. Am Abend des 4. August erfolgen die Festnahmen. Egon Roth und zwölf weitere Polizeiangehörige werden an das MfS in Schwerin überstellt. Im September 1950 übernimmt die Sowjetische Kontrollkommission mit den Vorwürfen der politischen Untergrundtätigkeit, Spionage, Mitgliedschaft in einer konterrevolutionären Organisation, antisowjetischen Propaganda und nicht zuletzt der Desertation das weitere Verfahren. Am 20. Dezember 1950 verurteilt die SMAD Egon Roth, Gerhard Hinze, Heinz Krause, Horst Schweiger, Werner Wendt und Walter Wrona zum Tod durch Erschießung. Das Urteil wird am 18. April 1951 in Moskau gegen vier der sechs ehemaligen Grenzpolizisten und am 24. April 1951 gegen Gerhard Hinze und Heinz Krause vollstreckt. Alle sechs Opfer wurden im Moskauer Friedhof Donskoje beigesetzt.
18. Juni 1962 – Bei der Personenkontrolle von einer männlichen, zwei weiblichen Personen und zwei Kindern wird um 18.45 Uhr der Grenzsoldat Huhn auf Höhe Zimmerstraße 56 durch einen Pistolenschuss der männlichen Person getroffen. Schwer verwundet erwidert Gefreiter Reinhold Huhn (geb. 8. März 1942) mit 10 Schüsse aus seiner MPi das Feuer. Der Täter gibt einen weiteren Schuss auf den Gefreiten ab. Die Personen flüchten unmittelbar in das Haus Nr. 56, werden bei der Nachsuche dort jedoch nicht aufgefunden; vielmehr wird ein Tunnel nach Westberlin entdeckt. Das Vorkommnis wird von Westberliner Seite vom Gelände des Springer-Hauses aus gefilmt.
Sechs Unteroffiziere der GT tragen am 22. Juni 1962 im Heimatort des Gefreiten Reinhold Huhn (Adorf/Vogtland) den Sarg mit den sterblichen Überresten zu Grabe. (Privatarchiv d. Verf.)
5. August 1962 – Drei Schweriner Jugendliche (15 bzw. 16 Jahre) versuchen die Elbe bei Darchau im Kreis Ludwigslust zu durchschwimmen. Eine Grenzstreife entdeckt die Fluchtgruppe und schießt auf die Schwimmenden. Einer der drei erreicht das westliche Elbufer. Hermann Burkert wird festgenommen und Gerd Koenenkamp erhält eine schwere Schussverletzung und treibt ab; seine Leiche wird am 10. August bei Brackede im Kreis Lüneburg aufgefunden.
17. August 1962 - Nahe der GüSt „Checkpoint Charlie“ (Ecke Friedrichstraße/Zimmerstraße) versuchen um ca. 14.15 Uhr Helmut Kulbeik und Peter Fechter die Flucht von Ost- nach West-Berlin. Kulbeik gelingt es die Sperranlagen zu überwinden. Fechter (geb. 14. Januar 1944) wird von den Schüssen eines sich im regulären Grenzdienst befindenden Postenpaars erfasst. Fechter bleibt direkt am letzten Sperrelement stark verletzt liegen und bittet minutenlang um Hilfe. Auf beiden Seiten der Grenzlinie bilden sich schnell Menschenansammlungen. Auf der Ostseite werden diese schnell von Ordnungskräften zerstreut. Auf der West-Berliner-Seite wird ein beträchtliches Aufgebot der Polizei zusammengezogen. Die Polizisten stellten eine Leiter auf und warfen Fechter Verbandspäckchen. Der Bereich wird nach einiger Zeit durch zusätzliche Kräfte der Grenzbrigade in Rummelsburg eingenebelt. Schließlich erfolgt die Bergung und der Abtransport des stark geschwächten Verletzten. Fechter verstirbt um ca. 17.00 Uhr im Krankenhaus. Den beiden Grenzposten kommen 35 Jahre später vor dem Berliner Landgericht und werden auf wegen Totschlags auf Bewährung verurteilt. Peter Fechter gehört wegen der Tatumstände und der unmittelbaren Medienpräsenz zu einem der bekanntesten Opfer der Berliner Grenze.
20. Januar 1963 – Helmut Breuer versucht am 19. Januar mit sechs männlichen Kollegen der Elbwerft in Boizenburg die Flucht über die zugefrorene Elbe bei Gothermann. Trotz der weißen Bettlakentarnung werden drei der Flüchtenden bei der Annäherung an die Grenze um 20.45 Uhr entdeckt. Nach Aufruf und Warnschuss wird schließlich gezielt geschossen und Helmut Breuer getroffen. Der Verletzte wird in das Krankenhaus Boizenburg gebracht und erliegt dort am 20. Januar um 4.00 Uhr seinen Verletzungen.
7. April 1965 (Leichenfund das Todesdatum ist unbekannt) – Um 17.40 Uhr meldet der Kommandeur des I. GB im GR-6 eine Leiche im Minenfeld zwischen der 3. und 4. GK bei Bardowieck im Kreis Grevesmühlen. Die Bergungsarbeiten können wegen der eintretenden Dunkelheit erst am Morgen des 8. April durchgeführt werden. Bei den weiteren Ermittlungen wird festgestellt, dass es sich bei den männlichen Toden um den Bundeswehranghörigen Rudolf Kreuter handelt. Der Tod trat durch innere Verblutungen, verursacht durch Minensplitter ein. Gemäß des Verwesungszustand der Leiche musste man davon ausgehen, dass der Tote bereits seit einem halben Jahr im Minenfeld gelegen haben muss.
1. Januar 1966 – Am 31. Dezember feiert Alfred Lill mit seiner Familie und Freunden das neue Jahr in seinem Heimatort Viehl im Sperrgebiet an der Elbe im Kreis Hagenow. Ab 1.00 Uhr besteht Befehl, dass sich niemand mehr außer Haus aufzuhalten hat. Um 1.35 Uhr verweigert ein Grenzposten Freunden der Lills nach Hause zurückzukehren; es kommt zum Streit. Alfred Lill wehrt den Angriff des Diensthundes mit einer Taschenlampe ab. Daraufhin schießt der Posten. Alfred Lill verstirbt schwer verletzt auf dem Weg zum Krankenhaus.
7. November 1971 - Im Grenzabschnitt der 7. GK in Groß Thurow (GR-6) werden in den Nachmittagsstunden zwei Kompanieangehörige tot in ihrem zugewiesenen Postenbereich an der Straße 208 (zw. Gadebusch und Ratzeburg) augefunden. Sie sind 300m vor der Grenze zur verdeckten Beobachtung eingesetzt. Beim Auffinden der toten GT-Angehörigen fehlen ingesamt 15 Patronen aus beiden AK-47. Gemäß den Ermittlungsergebnissen haben sich die beiden GT-Soldaten vor dem Schusswaffengebrauch geprügelt. Als Ursache für den tödlichen Schußwechsel werden lt. Ermittlungsbericht die psychischen Probleme eines der beiden Opfer aufgeführt. So hatte dieser Soldat mittels mehrere Atteste und Eingabe die Entlassung aus den aktiven Grenzdienst - jedoch fruchtlos - beantragt.
18. Januar 1972 – Der Absolvent der GT-Offiziershochschule Leutnant Lutz Meier wird ab Sommer 1971 in der GK in Schierke als Zugführer eingesetzt. Am Vormittag des 18. Januar 1972 befindet sich Leutnant Meier mit den Soldaten Kinzel auf Kontrolle im Grenzabschnitt der GK. Um 9.20 Uhr werden in unmittelbarer Nähe zur Staatsgrenze GK Feuerstöße vernommen. Die eingesetzte Alarmgruppe findet um ca. 10.00 Uhr 100m nordostwärts der Grenzsäule 979 den Zugführer erschossen auf. Bei der Spurensicherung werden am Tatort Fußspuren in Richtung BRD festgestellt. Der mutmaßliche fahnenflüchtige Soldat wird nicht mehr aufgefunden. Tathergang und Ursachen dieses Vorkommnis werden von den DDR-Behörden nicht aufgeklärt. Auf dem Gelände der GK im Harzer Kurort Schierke entsteht ein Gedenkstein und die Grenzkompanie erhält den Ehrennamen „Lutz Meier“.
Ehrenbezeichnung von Angehörigen der 7.GK des GR-20 am Ehrenhain des Leutnant Lutz Meier auf dem Gelände der GK in Schierke. (Privatarchiv d. Verf.)
19. August 1974 - An der Trennungslinie zwischen dem GR-8 und -24 verhindert eine drei köpfige Bootsbesatzung der Bootskompanie in Dömitz durch Schüsse und Bootsmanöver die Flucht des 21-jährigen Anwärter der VP-Bereitschaft Schwerin Hans-Georg Lemme aus Groß Breesen. Erst am 6. September wird der Leichnamam östlichen Elbufer bei Lütkenwisch im Kreis Ludwigslust aufgefunden; der Körper weist eine Schusswunde und schwere Schnittverletzungen auf.
Kollektivauszeichnung der Bootsbesatzung des am o.g. Vorkommnis beteiligten GSB 066 der 1. Bootskompanie des GR-8 in Dömitz, verliehen am 1.10.1974 durch den Chef der GT. (Privatarchiv d. Verf.)
8. Dezember 1979 - versuchen zwei 15-jährige Schüler aus Halle/Saale in Benneckenstein im Harz über die Grenze zu kommen. Einer der Jungen stirbt unmittelbar durch mehrere Schüsse eines Grenzpostenpaars. Sein Freund wird verletzt und zu acht Monate Gefängnis verurteilt.
Quelle:
- Horst Liebig "Wo Sie gefallen sind, stehen wir", Politische Verwaltung der GT, 1983
- Kurt Frotscher und Horst Liebig "Opfer deutscher Teilung", GNN Verlag, Schkeuditz 2005
- Sandra Pingel-Schliemann "Ihr könnt doch nicht auf mich schießen", Herausgeber: Die Landesbeauftragte für M.-V. f.d. Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehmaligen DDR, Schwerin 2014