BAULICHE GRENZANLAGEN "West" und DIENSTALLTAG

(Anlagenbeschreibung um 1988)

 

Chronologische Entwicklungsstufen der westlichen Grenzanlagen:


      1945 - erste Schlagbäume und Kennzeichnungen an Straßen und Wegen,

      1946 - Sichtschneisen im Forst- und Landwirtschaftsbereich,

      1949 - hölzerne Beobachtungstürme nach sowjetischem Muster auf topographischen Anhöhen,         

      1952 - durchgängiger 10 m Kontrollstreifen ab Grenzlinie und von nun an 500 m Schutzstreifen sowie 5 km Sperrzone,

      1955 - 1-reihiger Stacheldrahtzaun ab Grenzlinie, 

      1958 - 2-reihiger Stacheldrahtzaun bis zu 100m ins Hinterland versetzt,

      1961 - Spurensicherungsstreifen K-6 und Erdminenverlegung,

      1962 - Fahrwege hinter K-6, Hundelauf- sowie automatische Signalanlagen und 100m Sichtstreifen,

 

Im Sperrgebiet

An der Schwelle zwischen Sperrgebiet (bis zu 5 km tief) und Schutzstreifen (bis zu 500 m tief) befindet sich der Kontrollradius der dort gemeinsam wirkenden Kräfte. Bautechnisch gibt es im Sperrgebiet keine durchgehenden Grenzzäune, Mauern oder Signalanlagen. An besonders unübersichtlichen bzw. verkehrsreichen Stellen werden jedoch natürliche Bewegungsräume durch 1,5 - 2 m hohe einfache Maschendrahtzäune mit Betonpfosten teilweise mit Stacheldraht bewehrt umgeleitet oder unterbunden. Eine Vielzahl von weiterführenden Wegen sind durch einen Schlagbaum gesperrt. Am Rand dieses Sperrgebiets und besonders an Straßen und Wegen in das Grenzgebiet sind in regelmäßigen Abständen  schwarz-weiße bzw. gelb-weiße Schilder (60 x 40 cm) mit der Aufschrift: „Sperrgebiet" oder "Grenzgebiet" an rot-weißen Beton- oder Holzpfählen errichtet.

Im regelmäßigen Abstand stehen diese Warnschilder (60 x 40 cm) an der Begrenzungslinie des bis zu 5 km tiefen Grenzgebiets auf DDR-Seite. (Privatarchiv d. Verf.)

 

An den freigegebenen Verkehrswegen zum Sperrgebiet gibt es i.d.R Kontrollpostengebäude des VPKA („Gruppenposten Grenze“) mit zweigeteilten Schwenkschlagbäumen. Zum Passieren muss hier jede Person einen gültigen Passierschein (dieser ist bei der zuständigen VPKA-Abtl. „Pass- und Meldewesen“ vorab zu beantragen) für das Sperrgebiet bzw. den Schutzstreifen und den Personalausweis sowie ggf. Fahrzeugpapiere aber auch besondere Genehmigungen dem Posten der DVP vorweisen. Der wachhabende Polizeiposten hält alle aktuell gültigen Passierunterlagen täglich in seinen Dienstunterlagen vor. Im freien Gelände und in gut einsichtbaren Bereichen des Sperrgebiets stehen in regelmäßigen Abständen schlanke, vier-geschossige Beobachtungstürme. Diese VP-Beobachtungstürme sind allerdings nur sporadisch und unter besonderer Anforderung bei „verstärkte Grenzsicherung“ besetzt. 

 

Die Bewohner und Besucher im gesamten Sperrgebiet müssen sich ständig ausweisen können. Besucher haben hierzu zusätzlich zeitlich begrenzte separate Passierscheine. Die Bewohner im Grenzgebiet und Schutzstreifen haben wiederum zeitlich begrenzte Einträge in Ihren Personalausweisen. Bürgern der BRD ist die Einreise im Grenzgebiet grundsätzlich untersagt. Das Verhalten der Bevölkerung wird ständig überwacht und ausgewertet. Unübliche Ereignisse und fremde Personen müssen von den Anwohnern und den gemeinsam wirkenden Kräften im Grenzgebiet sofort gemeldet werden. Ortsfremde Personen werden von den sichernden Kräften auf gültigen Personal- und Fahrzeugpapiere kontrolliert.

"Guten Tag, Bitte ihre Dokumente!" - Personal- und Fahrzeugkontrolle durch AGT im Sperrgebiet bei Lenzen. Rechts, ein DVP-Abschmittsbevollmächtigter im Gespräch mit einer GT-Motorradstreife in einem Ort des GKN in der Nähe zum Harz. (Privatarchiv d. Verf.)

Passierschein Nummer IV für den vorübergehenden privaten Aufenthalt im Grenzgebiet in Abbenrode, ausgestellt 1988 vom VPKA Wernigerode für  eine weibliche Person ohne Fahrzeug. (Privatarchiv d. Verf.)

 

Im Sperrgebiet an der Staatsgrenze zur BRD befinden sich immer die Unterkünfte der Grenzkompanien (GK - ca. 100 AGT) und i.d. Regel die Unterkünfte der Grenzbataillone (GB - ca.400 AGT). Besonders ausgebildete und politisch zuverlässige Unteroffiziere und Fähnriche werden im gesamten Grenzgebiet bis zum feindwärts vorgelagerten Hoheitsbereich als selbstständig und unregelmäßig agierende Grenzaufklärer (GAK) eingesetzt. Die GAK sind mit einer Stärke von bis zu 16 Mann den GK zugeordnet. Neben den Angehörigen der polizeilichen und militärisch gemeinsam wirkenden Kräfte werden auch Zivilpersonen in das Kontrollsystem im Sperrgebiet eingebunden. Die uniformierte (gut an der grünen Armbinde zu erkennen) aber unbewaffnete FHG sind auch nachts unterwegs. Zu jeder GK gehören acht FHG. Der MfS spielt bei der Überwachung im Grenzgebiet eine zentrale Rolle. Mitarbeiter der HAI des MfS in den Uniformen der GT eingekleidet sind in den Grenzkommandos sowie den nachgeschalteten Grenzregimentern und –bataillonen untergebracht. IM´s beobachten schon vor der Einberufung zukünftige Grenzsoldaten und überwachen diese verdeckt in den GAR und später in den GK. Zusätzlich sind die MfS-Dienststellen in den Grenzkreisen entlang der Staatsgrenze auch direkt in den Grenzüberwachungsapparat integriert; sie unterhalten in den Ortschaften im Grenzgebiet eigene IM´s.

 

Am Schutzstreifenzaun

In regelmäßigen Abständen sind im Grenzgebiet kurz vor dem Schutzstreifen gelb-schwarze Schilder (60 x 40 cm, mit der Aufschrift: „Schutzstreifen – Betreten und Befahren verboten“ bzw. „Schutzstreifen – Betreten und Befahren nur mit Sondergenehmigung gestattet“) an rot-weiß gestreiften Betonpfählen freundseitig errichtet.

Im regelmäßigen Abstand stehen diese Warnschilder (60 x 40 cm) an der Begrenzungslinie des bis zu 500 m tiefen Schutzstreifens auf der DDR-Seite. Hinter den Schilder folgt in Richtung West der Kontrollstreifen "K2" (Spurensicherungsstreifen 2m breit)  und der Grenzsignal- und Sperrzaun. (Privatarchiv d. Verf.)

Passierschein Nummer II für einen männlichen LPG-Angehörigen der sich im gesamten Schutzstreifen des Kreises Sonneberg (Grenzabschnitt des GR-15 mit einem LPG-Fahrzeug aufhalten konnte; ausgestellt 1987 vom VPKA Sonneberg. (Privatarchiv d. Verf.)

 

Schon zu Beginn der 1960er Jahre entsteht an besonders fluchtgefährdeten Abschnitten, neben den Sperrelementen in unmittelbarer Nähe zur Grenzlinie, ein Sperrzaun (Stacheldrahtreihen zwischen Betonpfosten), der den Übergang zwischen dem Sperrgebiet und den Schutzstreifen zusätzlich sichern wird. Das von der eigentlichen Grenze weit rückgelagerte Sperrelement erweist sich als zuverlässig. 

 

Als 1,8m hoher Hinterlandzaun entsteht ab 1973 parallel zum Aufbau der Selbstschussanlagen SM70 am GZ-I an der Schwelle zwischen dem Grenzgebiet und dem Schutzstreifen ein einhaltlich errichteter Schutzstreifenzaun (GRENZSIGNALZAUN GSZ55) nach sowjetischem Vorbild. Freundseits dieses Zauns verläuft am GSZ ein 2 m breiter Spurensicherungsstreifen (K-2) der regelmäßig geegt und frei von Bewuchs gehalten wird.

Mittels einer landwirtschaftlicher Egge hinter Traktor wird der freundseits gelegene Spurensicherungsstreifen vor dem Hinterlandszaun regelmäßig gepflegt. Hier im Bild gut zu erkennen ist links der GSZ in der ersten Bauart nach sowjetischem Vorbild.(Privatarchiv d. Verf.)

 

Der Hinterlandzaun besteht aus Betonpfosten, zwischen denen an der Zaunbasis ca. 1m hohe Streckmetallgitterzaunplatten montiert sind. Darüber befinden sich an feindseits montierten Isolatoren 13 waagerecht gespannte Stacheldrahtlagen, die eine elektrische Spannung (24 oder 60 Volt Schwachstrom) führen. Die Befestigungen der Isolatoren sind so ausgeführt, dass Sie das Gewicht eines Menschen nicht übertragen. Bei Abriss und somit Kontakt mit anderen Drähten entsteht eine elektrische Potenzialveränderung, die zu einer sofortigen Alarmauslösung in den Schaltanlagen am Signalzaun führt. Hier werden akustische und optische Alarmsignale unmittelbar am Sicherungsfeld und auf der Führungsstellen (FÜSt) ausgelöst. Die Zaunanlagen sind nach 300 m breite Felder technisch unterbrochen und einzeln gekennzeichnet Optisch unterscheidet sich der GSZ 55 fast nicht von seinem Nachfolger, dem 2,35m hohen GSZ 70 mit seinen freundseits geneigten Abweisern als Übersteigschutz. Im Bereich der Feldtrennungen stehen feindseits Feldalarmmasten mit einem Signalhorn sowie einer roten und grünen Rundumleuchte (die rote Rundleuchte zeigt die Auslösung des rechten GSZ-Felds und die grünes des linken Feldes an). Bei Alarmauslösung werden die Alarmmasten und die Alarmmeldung in der FüSt unmittelbar ausgelöst. Über eine Anzeigedioden und akustisches Signal des GSSZ-Geräts in der FÜSt-Kanzel wird dem Kommandeur Grenzsicherung (KGS) die exakte Auslöseposition angezeigt; der „Grenzalarm“ ist ausgelöst. Der ständig einsatzbereite Alarmtrupp der FüSt und die Alarmgruppe in der GK werden durch den KGS nun schnell und zielgerichtet an die Auslösestelle geführt.

Schematischer Aufbau des Schutzstreifens zur Erläuterung des Ausbauzustands um 1980 im GKN und GKS inkl. Minensperren und GSZ. (Privatarchiv d. Verf.)

 

In den frühen 1980er Jahren entsteht eine neuartiger Hinterlandzaun; der GRENZSICHERUNGS- UND SIGNALZAUN. Nun sind die verzinkten Streckmetallgitterzaunplatten (3 x 1m) auf der gesamten Höhe des Zaunes angebracht. Die Betonpfosten haben einen Abstand von 2,85m. Die waagerechten Alarmdrähte sind freundseits in einem Abstand von ca. 10 cm gespannt. Zur Verhinderung des Unterkriechens werden ca. 60cm tief in den Boden eingelassene Betongitterplatten (UKS – Unterkriechschutz) eingebaut.

 

Hinsichtlich der Zaunhöhe und der dadurch bedingten Anzahl von waagerechten Drahtreihen entstehen zwei Varianten des GSSZ. Beim GSSZ I (3m) sind 24 Drähte und beim GSSZ II (2,30m) hingegen 16 Drähte aus Chrom-Nickel-Stahl gespannt. Die Zaunkrone des GSSZ besteht aus einem Y- bzw. T-Abweiser mit Glasfieberstäben und 4-reihigen Alarmdrähten auf Isolatoren je Seite. Auch die oberen Abweiser sind so schwach konstruiert, dass Sie kein menschliches Gewicht tragen können. Einige der GSSZ führen zwischen den Y-Abweiser zusätzlich senkrecht stehende Fieberglasstäbe mit weiteren 4 Drähten, die 3.000 Volt Hochspannung führen. Anders als beim Zaunvorgänger wird beim GSSZ nun ausschließlich ein sog. „stiller Alarm“ (Anzeige und Signalton in der FÜSt) ausgelöst. Der Auslöser bemerkt insofern gar nicht, dass ein Alarm aktiviert ist. Die anfänglich errichteten Rundumleuchten und Signalhörner –teilweise sogar mit Scheinwerfern - sind demontiert. Von der gegnerischen Seite und vor dem Auslösenden sollen die Alarme von nun an unbemerkt bleiben.

 

Der GSZ ist in Abschnitte, sogenannte Felder eingeteilt, die auf den Anzeigegeräten der FÜSt separat angezeigt wurden. Die örtliche Kennzeichnung erfolgt durch beidseitig angebrachte schwarze bzw. weiße Nummerntafeln (max. 3-stellig, weißes Schild freundseits). Ein GSZ-Feld hat bei der letzten Zaunversion eine Länge von 200 m. Zwischen zwei GSZ-Feldern ist eine Feldtrennung mit Grenzsignalgerät (GSG–80) im Unterverteilerkasten eingerichtet. Die Stromversorgung der GSZ Anlage erfolgt über ein Stromversorgungsgerät (SSG-1). Auch die GSG 80 sind gesichert; bei Öffnen der Verschraubungen wird ebenfalls ein lokalisierbarer Alarm ausgelöst. Neben dem GSZ-Anlagen werden auch Wasserdurchlässe, die GSZ-Tore, Sperrschlagbäume, Abdeckungen von Kabelschächten, Türen von B-Türmen und FÜSt mit Magnetkontaktschaltern (MKS) aufgeschaltet. Alle Geräte sind per Erdkabel mit der FÜSt verbunden und übermittelten die Auslösung eines GSZ-Feldes an das dortige Zentrale Anzeigegerät ZA 41.

GSZ-Nummerntafeln (15 x 10cm), die weiße Tafel war freundseits und die schwarze feindseits am GSZ angebracht. (Privatarchiv d. Verf.)

Einmessen eines Kabelfehlers am Verteilerkasten einer GSZ-Feldtrennung im Grenzabschnitt des GR-15 im Februar 1988. Im Hintergrund ist der GSZ gut zu erkennen. (Privatarchiv d. Verf. - Quelle: WPE/Michna)  

 

Der Kommandeur Grenzsicherung (KGS) auf der FÜSt kann auf einer LED im Empfangsteil das ausgelöste GSZ-Feld erkennen. Zudem zeigt eine entsprechende LED die Auslösestelle auf der topographischen Führungskarte (M 1:10.000) in der Kanzel der FÜSt an. Hier sind zusätzlich die GSZ-Felder, GSZ-Tore, Wasserdurchlässe, B-Türme mit LED-Ansteuerung hinterlegt. Neben der Auslösung von Alarmeinheiten entscheidet der KGS über Ansteuerung des Befehlsgebers ZFA 6 die Auslösung des Stromversorgungs- und Schaltgerätes IV (SSG–IV) zur Einschaltung der Lichttrassen am K-6. Es können so 2 Flanken der Lichttrassen vom SSG-IV direkt angesteuert werden.

 

Der GSZ ist unterbrochen; nach Geländebedingungen sind in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen – nur wenige Kilometer entfernt - Zugangstore im GSSZ eingebaut. Diese Tore ermöglichten es den eingesetzte AGT und auch speziell zugelassenen Arbeitskräften in den 500 Meter Schutzstreifen zu gelangen. Solch ein GSZ-Tor besteht aus zwei Torflügeln mit Streckmetallplattenfüllungen. Wie beim angrenzenden GSSZ sind die Tore mit Signaldrähten und Abweisern ausgerüstet. Die Öffnungsrichtung der Tore ist immer freundseits. Während ältere Versionen der GSSZ-Tore mit einem Vorhängeschloss versehen sind, sind die Tore in den 1980-er Jahre mit einer elektromagnetischen Torfreigabe ausgestattet. Beim Betreten bzw. verlassen des Schutzstreifens müssen sich die AGT über die beidseitig am Tor an Betonsäulen angebrachten GMN-Anschlussbuchsen mit Ihrer Personensprecheinrichtung bei der FüSt anmelden. Freundwärts sind diese Einrichtungen teilweise zusätzlich mit einer Ruf- und Sprechsäule (sog. „Uhu“) ausgestattet. Hier mussten die AGT die übliche Anmeldung gegenüber der FÜSt mit Parolenaustausch und Austausch der Torkennzahlen (eine spezielle zusätzliche Parole für den Toreinlass) vornehmen. Danach wird der Schließmechanismus des Tores (TS -1 bzw. TS – 2; „1“ steht für normales Klima und „2“ für Seeklima) von der FÜSt über den Befehlsgeber ZFA 6 freigegeben und kann über einen Drehriegel geöffnet und passiert werden. Vor dem Verschließen muss die Spurensicherheit auf dem K-2 vor dem Tor wieder hergestellt werden. Mit Zweigen oder einer - in Kraftfahrzeugen mitgeführten - Harke werden die eigenen Spuren im Spurensicherungsstreifen beseitigt. Der Verschluss und die wieder hergestellte Spurensicherheit wird nach dem Passieren dem KGS auf der FÜSt gemeldet. Dort wird wiederum der korrekte Verschluss des GSSZ-Tores an der Anlage ZA 41 angezeigt und die LED auf der Führungskarte erlischt.

 

Die GSZ-Tore sind feindseits häufig durch Seilsperren oder Dornenmatten (2 x 1m) zusätzlich gesichert. Die Seilsperren bestehen aus zwei Kolonnenwegplattenstapeln rechts und links des Fahrweges, zwischen denen ein ungespanntes, 30 bis 40mm starkes Stahlseil befestigt ist. Dieses Seil wird auf zwei spezielle Stahlträger innen neben den Plattenstapeln aufgelegt und erhält dadurch die notwendige Spannung und gleichzeitig die Höhe, um ein schweres Fahrzeug nach Tordurchbruch an eine Weiterfahrt zu hindern. Zur regulären Fahrzeugdurchfahrt wird das Stahlseil von den Auflageträgern herunter genommen und kann überfahren werden. An stärker frequentierten Toren können so genannte Schwenksperren oder automatische Schranken aufgebaut sein. Tore ohne Fahrzeugverkehr sind i.d.R. mit einem oder zwei versetzten Stapeln aus schweren Kolonnenwegplatten etwa 5 m hinter dem Tor gesichert.

 

Auf der Suche nach Futter oder einem neuen Partner versucht regelmäßig Wild die Zaunsperre zu überwinden. In der Brustzeit ist fast jede Nacht ein durch Wild ausgelöster Grenzalarm zu verzeichnen. Die Grenzer sprechen dann scherzhaft vom "diensthabenden Reh". Zur Verhinderung von Fehlalarm wurden teilweise zusätzliche Wild- und Vogelabweiser durch weitere Glasfaserstäbe (wildabweisendes Element EG 4) mit Stacheldrahtlagen ohne elektr. Spannungsauflage auf der Zaunkrone und freundseitig am Zaunfeld montiert. Bei Gewitter, starkem Regen oder Schnee kommt es häufig zu Fehlauslösungen des Zaunes, dann wird feldweise abgeschaltet und die GK muss den entsprechenden Grenzabschnitt mit weiteren Posten verstärkt sichern.

 

Der pioniermäßige Ausbau entlang der westlichen Grenze zur Bundesrepublik erfolgt durch die GT-PiK mit Unterstützung von GAR. Für die Wartung und Instandsetzung sind die PiZ der GB mit dem GSZ-Trupp der GK zuständig. Der GSZ-Trupp besteht aus:

-          1 Obermechaniker (BU),

-          1 Mechaniker (UaZ),

-          2 Hilfsmechaniker (AGT im GWD)

Der GSZ-Trupp untersteht dem STKC TB (stellv. Kompaniechef für Technik u Bewaffnung). Jeder GSZ-Trupp führt ein Nachweisbuch über Wartungen, Auslösungen, Ursachen, Kontrollen. Die Kontrollen werden regelmäßig durch den Pionierzug des GB durchgeführt. Die häufigsten GSZ-Auslösungen werden durch Stromausfall, Witterung, wie Sturm, Schnee, Hochwasser sowie Wild und allgemeine technische Defekte hervorgerufen. Zur Kontrolle der Einsatzbereitschaft führt der GSZ-Trupp monatlich Probeauslösungen der einzelnen Anlagen durch. Die GSZA-Instandsetzungsmaterialien werden in der GK und im Untergeschoss der FÜSt unter Verschluss gehalten und regelmäßig durch den STKC T/B oder Verantwortliche vom GB Pio Zug bzw. GR kontrolliert.

 

Im Schutzstreifen

 

Beobachtungstürme „BT“

Unmittelbar am Kolonnenweg sind in regelmäßigem Abstand Beobachtungstürme errichtet. Anfangs sind diese – ähnlich größerer  Jägerständen - aus Holz gebaut. Seit 1969 werden die runden BT-11 (Bez. „11“ auf Grund der max. Anzahl der 1m hohen Turmringelemente aus Röhrenschächtstücke mit achteckiger Beobachtungskanzel) errichtet. Die Türme gibt es auch in geringeren Höhen, diese werden dann bei 6 Stck. Turmringen mit„BT-6“ bezeichnet. Bis zum Ende der DDR sind diese teilweise immer noch in Benutzung.

 

In den 1970er Jahren folgen aus sicherheitstechnischen Gründen (die BT-11 durften bei Sturm nicht benutzt werden) die quadtratischen BT-9. Der Turmzugang erfolgt bei allen Turmtypen immer freundwärts durch eine überdachte Stahltür. Im Schacht der Turmringe sind stählerne Leitern mit Riffelblechzwischenpodesten bis zur Beobachtungskanzel montiert. Die technischen Ausstattungen und Ausrüstungen der BT-11 und -9 ähneln sich und sind spartanisch. Die technische Turmausstattung besteht ausschließlich aus einem GMN-Anschluss sowie eine Stromversorgung für das Innenlicht, den beiden Heizstrahler und dem großen Außensuchscheinwerfer auf dem Dach. Der Innenraum ist betongrau/weiß gestrichen. Der Betonfußboden in der Beobachtungskanzel ist mit einem dunkelbraun imprägnierten Holzlattenrost belegt. Im Turm gibt es zwei hohe Stahlrohrhocker mit Schichtholzsitzfläche und -lehne (ähnlich eines Barhockers ohne Armlehne), ein Stahlrohrregal, eine Strickleiter für Notfälle und einem Verbandskasten. Im Turm ist i.d.R. ein UKW-Tornisterfunkgerät betriebsbereit aufgestellt. Die Fenster lassen sich beim BT-9 nach innen und beim BT-11 nach außen öffnen. Der Suchscheinwerfer kann von Innen mit einem Drehgriff bedient werden, häufig ist auf der Decke zur Orientierung eine einfarbige Windrose aufgemalt. Die Dachfläche ist über eine Luke und eine unter die Dachdecke eingeklappte Stahlleiter erreichbar. Auf dem Dach befindet sich neben dem Scheinwerfer und der Dachrandbrüstung eine UKW-Antennenanlage.

 

Führungsstellen“FÜSt“

Mit den Errichtungen von Fertigteil-Beobachtungstürmen (BT-11) der ersten Generation (1m Röhrenschächtstücke mit achteckiger Beobachtungskanzel) werden an strategisch wichtigen Punkten an der innerdeutschen Grenze unmittelbar in Verbindung mit den BT-11 unterirdische Führungsbunker (FB3) aus industriell vorgefertigten Betonhalbschalen ausgebaut. Jede Grenzkompanie besitzt eine eigene FÜSt. In den Bunkeranlagen sind die Alarmgruppe und die nachrichtentechnischen Verbindungen zum Grenzmeldenetz mit den Posten, der Grenzkompanie, dem Bataillon und dem Regiment untergebracht. Der Ausbau von Führungsbunkern am Grenzverlauf zwischen Berlin ist dem Verfasser bisher nicht bekannt. Es ist anzunehmen, dass die angrenzenden, vorhandenen städtischen Gebäude regelmäßig Platz für notwendige Führungsstellen bieten. Allerdings haben diese Führungsstellen einen großen Nachteil => Sie sind individuell und zumindest von der Raumgeometrie gesehen immer anders. Wegen fehlendem Platz auf der Beobachtungskanzel des angeschlossenen BT und nicht optimal installierter Nachrichtentechnik im Bunker sowie baulichen Schäden am BT und FB3 werden die Führungsbunker ab Ende der 1970er Jahre durch neuartige ca. 10 m hohen Führungsstellen (4,2 x 4,2m quadratische Grundfläche) in Typenbauweise sowohl an der innerdeutschen als auch an der Grenze in Berlin im Schutzstreifen ausgetauscht bzw. zusätzlich ergänzt.

Links: BT-11 mit angeschlossenem Führungsbunker FB3 Führungsstelle der 4.GK im GR-15. Rechts: Zugführer auf der Beobachtungskanzel (BT-11) eines FB3.

(links mit freundlicher Genehmigung G.Förtsch und rechts Berufsberatung DEFA "Kommandeur von Einheiten der Grenztruppen der DDR")

 

Die ca. 10 m hohen Führungsstellen (4,3 x 4,2m quadratische Grundfläche) in Typenbauweise wurden Ende der 1970er Jahre im Schutzstreifen errichtet. In Berlin waren diese FÜSt als „Führungsstellen Kompaniechef“ nachrichtentechnisch ausgebaut. Die FÜSt waren i.d. Regel mit drei oberirdischen und einer unterirdischen Ebenen errichtet. Hierbei war die EG-Etage mit Schaltanlagen für den GSZ sowie Möglichkeiten der Batterielagerung und einem WC mit Waschtisch vorgehalten. Über eine Luke erreichte man das Kellergeschoss mit Notstromaggregat, pioniertechnischen Rüstzeug sowie den elektrotechnischen Schaltzuführungen und -verteilern. Die mittlere Etage diente als Bereitschaftsraum der Alarmgruppe. Die Alarmgruppen ist bei jedem Wachaufzug mit 3-4 AGT im GKN und GKS in der FüSt eingesetzt. Im GKM sind die Alarmgruppen wegen der geringen Personaldichte nur bei VGS in den FÜSten mit aufgezogen. Die obere Kanzel mit nachrichtentechnischen Anlagen und Rundumblick ist die eigentliche Führungsstelle. 

Über eine Luke ist das Kellergeschoss mit Notstromaggregat, pioniertechnischen Rüstzeug und Instandsetzungsmaterial zu erreichen. Des Weiteren befinden sich dort die elektrotechnische Zuführung und die zentrale elektrische Absicherung. Das Erdgeschoss – als hochparterre angelegt – ist mit Schaltanlagen für den elektrischen Grenzsicherungszaun (GSZ) sowie Möglichkeiten der Batterielagerung und einem WC mit Waschtisch eingerichtet. Die sanitären Anlagen besitzen kein fließendes Wasser und sind auch nicht am öffentlichen Abwassernetz angeschlossen. Wasser wird in Eimern bevorratet. Das Abwasser wird in einer außen liegenden Sickergrube gespeichert. Die geschlossenen Räume im KG und EG sind mit einem Lüftungsschacht mit 500 W Elektrolüfter versorgt. Es gibt eine zentrale Stromversorgung, die parallel für die Beheizung in der Heizperiode sorgt. Die mittlere Etage diente als Bereitschaftsraum der Alarmgruppe. Zur Einrichtung gehören Feldbetten, Stühle, ein Tisch, ein Waffenständer und ein Schrank für die persönlichen Utensilien der Alarmgruppenangehörigen. Ehemalige AGT beklagen das „Bunkerklima“ im Turm; im Winter kalt und feucht und im Sommer heiß und stickig. 

Links: Führungsstelle im Schutzstreifen mit Alarmzug, Rechts:  Im Inneren einer FüSt in der Beobachtungsebene; ein Zugführer (Oberleutnant) des GR-15 kontrolliert die Arbeit eines Feldwebels. (Privatarchiv d. Verf. - Quelle: WPE/Michna) 

 

Die obere Kanzel mit nachrichtentechnischen Anlagen und Rundumblick ist das „Herz“ der FÜSt. Die Arbeits- und Blickrichtung auf den 20cm hoch aufgeständerten Bodenpodest aus Holz ist immer Richtung „Staatsgrenze“ ausgerichtet. In jede Richtung der Kanzel sind vier, davon zwei einzeln – die mittig angeordneten - zu öffnende Verbundglas-Fenster eingebaut; diese Fenster sind häufig spiegelverglast. Unterhalb der Fensterbrüstung ist rundum ein Kabelinstallationsschacht aus verzinktem Lochblech verlegt; dieser dient der sicheren Verwahrung der Standard- und Nachinstallationen aber auch als Fensterbank für die AGT in der Kanzel. Auf dem Arbeitstisch sind die nachrichtentechnische Anlagen für die Funk- und Drahtnachrichtenverbindung zur Führungsstelle des diensthabenden Kommandeur der Grenzsicherung in den Grenzregimentern (hier GKM) aber auch für das Fernmeldenetz untergebracht. Weite befindet sich ein Anschlussgerät zum Grenzmeldenetz der Grenzposten sowie die zentralen Bediengeräte der GSZ-Signal-und elektromechanischen Torsicherungsanlagen in der Beobachtungskanzel. Die FÜSt besitzt auch eine kleine meteorlogische Auswertungsanlage. Zusätzlich gibt es eine Führungskarte (Maßstab 1:10.000 bzw. 1:25.000) des Grenzabschnittes, Schreibutensilien und Tabellen. Manche FÜSt besitzen auch 1-2 Videokameras mit innenliegenden Monitoren. Grundsätzlich ist die FÜSt von einem Operativen Diensthabenden (OpD, meist ein Unteroffizier auf Zeit) besetzt. Die Turmbesatzung wird häufig durch Kontrollstreifen und dem diensthabenden Zugführer kontrolliert. Der Zugang zur FüSt erfolgt über eine Gegensprechanlage mit elektrischem Türöffner. Über eine schwenkbare Deckenleiter lässt sich das Dach zu Beobachtungs- und Sicherungszwecken begehen. Mittig befindet sich ein 1.000W Suchscheinwerfer, der von Innen und außen bedienbar ist. Bei Regen, Eis und Schnee ist das Betreten des Dachs untersagt. 

Grafikausschnitt "Wachtürme" aus der Plakatausstellung "Grenzen verstehen - Die Berliner Mauer 1961-1989" im April 2017. Die dargestellte Grafik der FüSt und des BT-11 entstehen unter fachlicher Mitwirkung von www.grenzkommando.de - Thilo Wierzock. (Quelle: Stiftung Berliner Mauer und Infographics Group)   

 

Freundseitig des gesamten Kolonnenwegs, des GSSZ und teilweise in der Tiefe des Grenzgebietes sind in einem Abstand von ca. 500m Anschlusssäulen (Betonpfosten mit Anschlussverteiler und –buchse) des erdverlegten Grenzmeldenetzes installiert. Der Anschlussverteiler zeigt immer freundwärts. Die Grenzpostenpaare führen einen Hörer zum Anschluss an die GMN-Säule mit sich. Zum Antritt des Grenzdiensts wird beim Verlassen der GK immer die Funktionstüchtigkeit dieser Postensprecheinrichtung (PSE) geprüft. Die PSE wird in der Hosenbeintasche geführt. Während des Grenzdiensts muss sich das Postenpaar beim Passieren des Anschlusspunkts immer regulär melden. Darüber hinaus kann das Postenpaar sich bei besonderen Vorkommnissen mit der FüSt unmittelbar in Verbindung setzten. Von der FüSt können dann entsprechende Maßnahmen eingeleitete werden bzw. Verbindungen zur GK oder höher hergestellt werden. Bei fehlender unmittelbarer Erreichbarkeit der Anschlusssäule in Notfällen macht sich das Postenpaar durch Handsignale (z.B. „Versuchter Grenzdurchbruch aus Richtung DDR“ = 1 x 3 Sterne Rot) bemerkbar. Im Bereich der Zugänge zum Schutzstreifen sind zusätzlich Ruf- und Sprechsäulen (sogenannte „Uhus“) installiert. Alarmgruppen und Grenzaufklärer führen zusätzlich UKW-Handfunkgeräte (z.B. RFT-U 700 oder R 126) mit. Arbeiten zivile Kräfte im Schutzstreifen konnten – trotz gültigen Passierschein für den Schutzstreifen  -  nur in Begleitung mit Grenzsoldaten ausgeführt werden.

 

Erstes Sperrelement


Am vorgelagerten Hoheitsbereich

 

Im Abstand von etwa 500m befinden sich im ca. 25m breiten vorgelagerten Hoheitsbereich der DDR die von der Grenzlinie um 5m freundseitig aufgestellte 2,20m höhe Grenzsäulen der DDR aus Stahlbeton mit konischer Spitze sowie einem Vogelabweiser aus Stahlrundstab. Feindseitig zugewendet ist ein rechteckiges DDR-Emblem aus Aluminiumguss (21 x 27 cm) eingelassen, rückseitig – auf gleicher Höhe – befindet sich eine weißes Schild (13 x 6 cm) mit schwarzer Nummerierung; die Nummer findet sich in den detaillierten Karten für den Dienstgebrauch der GT wieder und dient der Orientierung. Auf direkter Grenzlinie befinden sich bei jeglichen Richtungswechsel Grenzmarkierungssteine (quadratisch 20 cm, ca. 70 cm tief eingelassen) aus Granit mit der seitlichen Aufschrift „DDR“ und auf dem Kopf ein eingelassenes Markierungskreu.


Handlungen des GP bei einer Minendetonation

 

„…Das Betreten der Minensperren ist allen Soldaten, Unteroffizieren und Offizieren verboten. Jede Minendetonation hat der GP sofort zu melden. Er überprüft die Ursachen für eine Minendetonation grundsätzlich vom freundwärtigen Zaun – betrifft hier die doppelreihige Zaunsperre, der Verf. - aus (Ausnahme werden durch besonderen Befehl geregelt). Können der Detonationsort und die Ursache in der Nach nicht ermittelt werden, so ist die Stelle am K-6 zu markieren und bei Tageslicht zu überprüfen. Durchbricht Großwild die Mienensperren in unmittelbarer Nähe der K-Streifen oder in unmittelbarer Nähe eines anderen GP, dann haben diese sofort in Deckung zu gehen. Der GP darf die Minensperren auch zum Bergen von Verletzten nicht betreten. Werden im Minenfeld Verletzte festgestellt, muss der GP sofort Meldung erstatten und alle Möglichkeiten zur Bergung der Verletzten vom freundwärtigen Zaun aus (außerhalb der Sperre) unter Beachtung der Sicherheitsbestimmungen mit Hilfsmitteln versuchen (Stangen, leinen, Verbandspäckchen usw.).

Meldung des Postenführers bei einer Minendetonation

Bei der Detonation einer Mine hat der Postenführer sofort über das GMN an die GK zu melden:

 

  • Datum, Uhrzeit, genauer ort der Minendetonation;
  • Ursache der Detonation (Mensch, Tier usw.);
  • Bewegungsrichtung;
  • Zustand des Grenzverletzers (tot, verletzt, ohnmächtig):
  • Entschluß des Postenführers (Sicherung des Abschnitts).

 

Beispielmeldung:

Am 16. Juni 1963, 17:30 Uhr, im Abschnitt Birkenwälchen am Betonpfahl 59 Mine ausgelöst durch männliche Person in Richtung West – DDR. Grenzverletzter vermutlich tot, liegt ungefähr 4m vom feindwärtigen Zaun entfernt. Sichere den Abschnitt Heuweg – Grenzknick bis zum Eintreffen des Bergungstrupps. Postenführer Gefreiter W…“

(Quelle: „Handbuch für Grenzsoldaten“, 1. Auflage 1965 Militärverlag der DDR)

 


Quelle: 

- "Stand des pioniertechnischen Ausbaus der Staatsgrenze der DDR zur BRD", Stand 30.11.1985 - VVS

- "Handbuch für den Grenzdienst", Militärverlag der DDR, Berlin - 1987

- G. Schätzlein, B. Rösch und R. Albert"Grenzerfahrungen Bayern-Thüringen", Verlag Frankenschwelle KG, Hilburghausen - 2005

- Horst Grundlach und Wolfgang Schlicht "Die Grenzüberwachung der DDR", C.Kohlmann Druck & Verlag GmbH, Bad Lauterbach

- Stiftung Berliner Mauer und Infographics GmBH, Plakatreihe "Grenzen verstehen", Berlin - 2017

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