HUBSCHRAUBERSTAFFEL-16 "Albert Kuntz", Nordhausen (Bez. Erfurt)

5500 Nordhausen, Darrweg 44, PF 81034

Der Ehrenname "Albert Kuntz" wird der HS-16 am 1. Dezember 1986 verliehen.

 

Dislozierung der HS-16 (ab 14.10.1986)

  • Hubschrauberlandeplatz (LPN) 5500 Nordhausen, Darrweg 44, PF 81034 (Siegelcode 949)
  • Hubschrauberlandeplatz (LPS), 3560 Salzwedel, Siedlung des Friedens, PF 81096
  • Hubschrauberlandeplatz (LPM), 6100 Meiningen, Suhler Landstraße, PF 79233

 

Kommandeure: 

01.12.1964 - 31.03.1971 (Grenzkette Nord), Oberstleutnat Harry Hahn 

01.12.1964 - Herbst 1965 (Grenzkette Berlin), Oberleutnant Leisner 

01.12.1964 - 1969 (Grenzkette Süd), Hauptmann Günther Jähnichen

01.04.1971 - 31.07.1973, Oberstleutnant Harry Hahn

01.08.1973 - 30.11.1982, Oberst Alfred Oldenburg

01.12.1982 - 18.09.1990, Oberstleutnant Dieter König  

 

Grenzflieger 1964-1970 

Erstmals im Mai 1964 leitete das „Kommando Grenze der NVA“ die Aufstellung einer Hubschrauber-Grenzkette mit Aufteilungen in Nord, Berlin und Süd ein. Im Februar 1965 nahmen diese ersten fliegerischen Kräfte ihren Dienst mit dem – kolbenangetriebenen – leichten sowjetischen Standardhubschraubern SM-1 (Produktion 1951-1965 in Kasan/UdSSR und Swidnik/VR Polen) und mit dem – mit 14 Zyl. Doppelsternmotor angetriebenen – Transporthubschrauber Mi-4 (Produktion 1953-1969 in Kasan/UdSSR) im grenznahen Bereich (Salzwedel / Berlin / Meiningen) auf. Wobei die „Grenzkette-Berlin“ (Flugbasis Brandenburg-Briest)  schon im Herbst 1965 aus Gründen von Proteste der West-Alliierten aufgelöst wurde. Hauptaufgabe der „Grenzflieger“ war die operative Unterstützung der am Boden eingesetzten Grenzsicherungskräfte der Grenztruppen bei Vorgängen von Grenzverletzungen und –durchbrüchen sowie die Unterstützung der grenztaktischen Aufklärung gegenüber gegnerischen Kräften im Grenzbereich zur BRD unter - ausschließlich - direkter Weisung durch den Chef des Kommandos der Grenztruppen (bei der Grenzkette-Berlin durch direkter Weisung der Stadtkommandantur Berlin).    

Eine SM-1 (Kennung "514", von 1964 bis 1969 im Dienst der grenzsichernden HS) im Landeanflug auf dem Landeplatz der  HS-16 in Meiningen (LPM) - links im Bild das Gebäude der Flugleitung. (Abbildung mit freundlicher Genehmigung der Fliegerkameradschaft der HS-16 B.Dr.)

Eine Mi-4A (Kennung "546", von 1964 bis 1973 im Dienst der grenzsichernden HS) im Landeanflug auf dem Landeplatz der  HS-16 in Meiningen (LPM) im Hintergrund ist ein SM-1 zu erkennen. (Abbildung mit freundlicher Genehmigung der Fliegerkameradschaft der HS-16 B.Dr.)  

 

Grenzflieger 1971-1985 

Im April 1971 bildete man aus den beiden übrig gebliebenen „Grenzketten“ (Salzwedel u.  Meiningen) eine Hubschrauberstaffel mit weiterhin direkter Unterstellung des „Kommando der Grenztruppen“ in Pätz. Im Juni 1973 erhielt die Grenzfliegerstaffel den - zwei Wellengasturbinen angetriebenen  - leichten Mehrzweckhubschrauber Typ Mi-2 (Produktion 1966-1986 in Swidnik/VR Polen) und ab November 1977 den mittleren sowjetischen Hubschrauber Typ Mi-8 (Produktion 1965-heute in Kasan und Ulan-Ude/UdSSR).  

Luftbildaufnahme des HS-16-Standorts in Salzwedel um 1991 aus Blickrichtung  Ost (Abbildung mit freundlicher Genehmigung der Fliegerkameradschaft der HS-16 B.Dr.)  

 

Im Rahmen der politischen Entwicklung in der VR Polen wurden zw. November 1980 bis Februar 1981 ausnahmsweise auch die "Ostgrenzen" (VR Polen und CSSR) sporadisch - besonders in Bereichen von GÜSTen - durch die HS-16 kontrolliert. Im Wirkungsbereich der Grenzbrigade Küste wurde wegen der notwendigen personellen Spezialausbildung und der seetauglichen Ausstattung nur Hubschrauber des Marinehubschraubergeschwaders (MHG-18) der Volksmarine eingesetzt. Auslandsflüge wurden durch die HS-16 nicht durchgeführt.  Eine Ausnahme waren  die 10-jährigen Generalüberholungen des Hubschraubertyps Mi-8 in Tököl (VR Ungarn) und die Neu-Indienststellungen von Mi-2 aus Swidnik (VR Polen). In der Regel wurden die Generalüberholungen der HS-16 im VEB Flugzeugwerft Dresden (Dresden-Klotzsche) durchgeführt.      

Grundsätzlich gab es bei den Grenztruppen keine Flugzeuge. Jedoch diente eine Transportmaschine der DDR-Luftstreitkräfte (Transportfliegergeschwader 24) vom Typ Antonow An-26T mit der Bordnummer „373“ dem MfNV (Verwaltung Aufklärung) ab Mai 1984 zur funkelektronischen Aufklärung (UKW- und KW-Richtfunk und Frequenzen der Radar- udn Feuerleitgeräte) entlang der westlichen Staatsgrenze. Ziel war u.a. das Abhören des grenznahen Funkverkehrs der NATO-Landstreitkräfte, um das Beziehen von Bereitschaftsräumen rechtzeitig in Erfahrung zu bringen. Die Aufklärungstiefe betrug etwa 150km. Im Herbst 1985 erfolgten regelmäßige Aufklärungsflüge entlang der Grenze zur BRD mit den Flugkennungen "22918" (Dresden, Karl-Marx-Stadt, Neustadt, Steinbach, Hallenberg, Bad Frankenhausen, Stendal, Wilsnack, Wismar, Schwerin, drei Ostseepunkte und Peenemünde) und "22919" (Dresden, Karl-Marx-Stadt, Plauen, Saalfeld, Schleusingen, Bad Salzungen, Bleicherode, Nordhausen, Halberstadt, Gardelegen, Wittenberge, Hagenow, Grevesmühlen, Klütz, vier Ostseepunkte und Peenemünde).

Meldung des Kommandeurs GKN gegenüber des am Standort eingetroffenen Chef der GT der DDR in Stendal um 1980 - im Hintergrund eine Mi-8 der HS-16. (Privatarchiv d. Verf.) 

Mi-2 bei Unterstützung einer Grenzsicherungseinheit an der Staatsgrenze zur BRD - im Vordergrund ein Zugführer (stehend) mit seinem Fahrer im Kübelwagen Trabant P 601 um 1985. (Privatarchiv d. Verf.)

 

Grenzflieger 1986 - 1990                                             

Am 14.10.1986 wurde die „Hubschrauberstaffel 16“ von Salzwedel nach Nordhausen neu stationiert. Die Start- und Landeplätze in Salzwedel und Meinigen wurden für die notwendigen Überwachungsflüge an der Staatsgrenze zur BRD weiter genutzt. Anläßlich des 40. Jahrestages der Grenztruppen der DDR wurde der HS-16 am 01.12.1986 der Ehrenname "Albert Kuntz" verliehen. Im Jahre 1989 betrug die Truppenstärke 371 Planstellen zzgl. 29 Zivilangestellte und im Bestand der Hubschrauberstaffel befanden sich in diesem Jahr 15x Mi-2 und 3x Mi-8. Die Uniformen der Angehörigen – meist Offiziere (fliegendes Personal ab 1975 mit Hochschulabschluss und ab 1987 mit Diplom)  und Fähnriche (z.B. fliegendes Begleitpersonal als Bordtechniker und Luftbildoperateure) - der HS-16 entsprach denen der Luftstreitkräfte der NVA, wobei die Dienstgradeffekten „grün“ paspeliert und an den Dienst- und Ausgangsuniformjacken am linken Ärmelstreifen das Band „Grenztruppen der DDR“ angebracht waren. 

Luftbildaufnahme des HS-16-Standort in Nordhausen anlässlich der Überführungen von 3x Mi-8 nach Brandenburg am 26.09.1990 aus Blickrichtung Süd. (Abbildung mit freundlicher Genehmigung der Fliegerkameradschaft der HS-16 B.Dr.)   

LPN-Dienststellenausweis eines 1. HSF f.d. Mi-2.  (Privatarchiv d. Verf.)

 

Im KGT in Pätz gab es eine 3-er Personen-Arbeitsgruppe der HS-16, bestehend aus:

 

  • Leiter der AG und Fluglehrer
  • Fluginspekteur, Flugsicherheitsinspektuer, Fluglehrer und Steuermannsinspekteur
  • Inspektuer für Hubschraubertechnik  

 

Legitimationsausweis des Fluginspekteurs im KGT ausgestellt im Januar 1989 durch den Chef der GT. (Abbildung mit freundlicher Genehmigung der Privatsammlung B.Dr.)   

Auszug aus dem militärischen "Erlaubnisschein für Flugzeug- / Hubschrauberführer" des Fluginspekteurs im KGT ausgestellt im November 1975 durch das MfNV => "Der Erlaubnisinhaber ist Fluginspekteur der Hubschrauberkräfte der Grenztruppen der DDR im Kommando der Grenztruppen und ist berechtigt, theoretische und praktische Prüfungen und Überprüfungen mit dem fliegenden Personal der Hubschrauberkräfte der GT durchzuführen". (Privatarchiv d. Verf.)

 

Nach dem politischen Umbruch in der DDR wurden die Grenzflüge eingestellt und ab 2. Januar 1990 erfolgten ausschließlich Flüge im polizeilichen Rahmen (Autobahnabflüge, Luftüberwachung zur sicheren DM-Verteilung während der Währungsunion) zur Unterstützung der DVP-Hubschrauberstaffel in Berlin Diepensee und Rettungsflüge (SAR). Nach und nach wurden 4x Hubschrauber in der Flugzeugwerft Dresden zu Polizei-Hubschraubern umgespritzt. Am 24.09.1990 wurden alle 14x Hubschrauber Mi-2 (bis auf eine defekte Maschine) nach Berlin-Schönefeld (Diepensee) geflogen und an die DVP übergeben Die vorhandenen 3x  Hubschrauber Mi-8 wurden am 26.09.1990 an dem Standort Brandenburg-Briest übergeben.

Eine Mi-8 im Landeanflug auf dem Landeplatz der  HS-16 in Nordhausen (LPN) im Hintergrund ist ein Mi-2 zu erkennen. (Abbildung mit freundlicher Genehmigung der Fliegerkameradschaft der HS-16 B.Dr.)  

 

Aufgabenumfang der HS-16 zw. 1964 - 1989 (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

  • Ausbildungsflüge (Schulflugdienst) unter minimal TEWB 200/2, NEWB 400/4 und am LPN auch TSWB 100/1 und NEWB 300/3 (Bedeutungen als persönliches Wetterminimum jedes HSF z.B. "TEWB 200/2": T-ags E-einfache W-etter B-edingungen, minimale Wolkenuntergrenze 200 Meter und minimale horizontale Sichtweite 2 Kilometer - Einflug in Wolken verboten) 
  • Flüge zur Grenzüberwachung (mit und ohne Spezialisten als Passagiere)
  • Flüge zur Kontrolle des Zustandes der Sicherungsanlagen sowie zur Kontrolle der Sicherheit und Ordnung im eigenen grenznahen Raum (mit und ohne Spezialisten als Passagiere)
  • Flüge zur Aufklärung des grenznahen Raumes der BRD (mit und ohne Spezialisten als Passagiere)
  • Flüge zur Luftbildaufklärung mit speziellen Luftbildkameras (AFA-39, AFA-BAF, AFA-42/100)
  • Flüge zur Luftbildaufklärung mit Handkamera PENTACON SIX bzw. PRAKTIKA mit großen Teleobjektiven
  • Außenlastflüge, Kurierflüge und Personentransporte
  • Suche von vermissten und gefahndeten Personen (f.d. Deutsche Volkspolizei)
  • Suche nach desertierten Armeeangehörigen der NVA und der GSSD
  • Flüge zur chemischen und Strahlungs-Aufklärung
  • Flüge zur funktechnischen Aufklärung f.d. HA III (Funkaufklärung u. -abwehr) des MfS
  • Flüge für das "Diensthabende System" (DHS) der Luftstreitkräfte/Luftverteidigung von 1981-1983 (nur zu diesen Flügen wurde der Hubschrauber mit PKT bewaffnet) incl. der Ausbildungsflüge dazu.
  • Kontrollflüge zur genauen Feststellung von Waldbränden
  • Ausbildungs- und Trainingsflüge mit den Sicherungskompanien (SiK-25 und 27)
  • Flüge zur Ausbildung von Artillerieoffizieren der GT (Artillerieregiment 26) und zur praktischen Feuerleitung und Feuerkorrektur aus dem Hubschrauber
  • Transport von Angehörigen der Hundestaffeln mit ihren Hunden
  • Flüge für und mit dem Filmstudio der NVA
  • Kontroll-, Rettungs- und Versorgungsflüge (Lebensmittel) beim Katastropheneinsatz Winter 1978/79
  • Kontrollflüge nach Katastrophen (z.B. Zugunglück Langenweddingen 1967)
  • Rettungsflüge in Zusammenarbeit mit der Schnellen Medizinischen Hilfe
  • Transport von Organtransplantat zu Kliniken
  • Freiwedeln von Schnee (in Gefahrenbereichen von Schneelast auf Bäume an Verkehrswege - besonders im Harz)
  • Kontrollflüge entlang von Hochspannungsleitungen zur Feststellung des Vereisungsgrades mit Fachleuten des Ministeriums für Kohle und Energie
  • Kontrollflüge bei Hochwasser (z.B. Elbe, Werra) mit Fachleuten des Ministeriums für Umweltschutz und Wasserwirtschaft
  • Kontrollflüge mit Fachleuten des Ministeriums für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft
  • Flugvorführungen z.B. an der OHS der GT aber auch zu zivilen Anlässen
  • Absetzen von Fallschirmspringern aus Mi-2 (jährlich musste vom fliegenden Personal und fliegenden Begleitpersonal ein Pflichtsprung absolviert werden)
  • Einfliegen des Weihnachtsmann zur Weihnachtsfeier der HS-16
  • Abwurf von Luftballons aus Mi-8 zu den Reitfestspielen in Salzwedel

 

Aufgabenumfang der HS-16 im Jahre 1990 (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

  • Erkundungsflüge (Landeplatzdokumentation von medizinischen Einrichtungen)
  • Rettungsflüge
  • Flüge zur polizeilichen Überwachung der DM-Verteilung 1990
  • Außenlastflüge, Kurierflüge und Personentransporte
  • Transport von Organtransplantat
  • polizeiliche Verkehrsüberwachung (besonders der Autobahnen)
  • Flüge zur polizeilichen Absicherung von politischen Großveranstaltungen (Cottbus, Erfurt, Schwerin, Karl-Marx-Stadt)

Fahrzeuge zur Sicherstellung der Grenzfliegereinheit der Hubschrauberstaffel 16 um eine Mi-8 - v.l.n.r. Codeleuchtfeuer (SIL 130), Anlaßmittel (IFA W50), Sankra (IFA Robur), Feuerwehr (IFA W50), Tank-Kfz (Ural 375D) und Scheinwerfer (SIL 130). (Abbildung aus der wehrpolitischen Broschüre "Militärische Berufe" des Militärverlag der DDR, 1985)

 


Quelle:

- H.-W. Ahrens u. M. Brandt "Transportmaschine Transall C-160 und Antonow An-26", Magazin "Clausewitz" 05/2013 

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